Radsportgeschichten.
Die perfekte Begleitlektüre zur Tour de France und zur Netflix-Serie Unchained.
In 45 abwechslungsreichen Kurzgeschichten macht Paul Fournel greifbar und verständlich, wie Radprofis wirklich ticken und zusammenleben.
Keiner verkörpert die Symbiose aus Radsportkennerschaft und Liebe zur Literatur so elegant wie der französische Schriftsteller Paul Fournel, Preisträger u. a. des Prix Goncourt de la Nouvelle. Nun legt der Autor des in zahlreiche Sprachen übersetzten Rennrad-Kultbuchs »Die Liebe zum Fahrrad« einen Band mit 45 Kurzgeschichten vor, mit denen er seine Leserinnen und Leser mitten hinein ins Renngeschehen entführt und sie in die Köpfe der Radprofis schauen lässt: »Im Peloton« heißt die deutsche Ausgabe, die im Covadonga Verlag in feinfühliger Übersetzung von Christoph Sanders erscheint. Ob Kapitäne, Ausreißerinnen oder Wasserträger, ob große Motoren oder filigrane Bergflöhe: Ihnen allen verschafft Paul Fournel mit seinen Radsportgeschichten auf packende und authentische Weise Gehör.
Das Peloton ist so etwas wie das mobile Zuhause der Radprofis. Ein farbenfrohes, katzenartiges Haus, das sich streckt, sich sammelt, sich anschleicht, das Rennen gestaltet. Es gibt so viele verschiedene Arten, dieses Haus zu bewohnen, wie es Fahrerinnen und Fahrer gibt. Manche verstecken sich hier, andere verrichten Helferdienste, einige stecken die Nase aus dem Fenster. Wer den Mut hat oder nicht mehr die Kraft, verlässt das Haus auch mal fluchtartig oder notgedrungen. Und trotzdem versammeln sie alle sich jeden Morgen wieder dort. Paul Fournels neues Buch »Im Peloton« erzählt vom Leben in diesem ganz besonderen Zuhause, von den Rivalitäten, der Nähe und den Ängsten, die im großen Fahrerfeld herrschen, vom Glück, dort zu bleiben, und von der Freude, es zu spüren.
Da ist die aufgebrachte Championesse, die von purer Wut zum Weltmeistertitel getragen wird. Da ist der Ausnahmesprinter, dem sie aus Ehrfurcht an den Hintern fassen. Da ist der einstige Seriensieger, der einfach nicht mehr gewinnen kann, aber erst recht nicht aufhören. Sie alle stehen unter dem Bann des Faszinosums Radrennsport. Eines Faszi- nosums, das der Radsportkenner und Ausnahmeliterat Paul Fournel mit unnachahmlicher Präzision und Lebensnähe greifbar macht.
Leseprobe „Im Peloton“:
Mein Haus
Ausgerechnet während der Verpflegung haben sie ohne Ansage den scharfen Gang eingelegt, und ich, wie ein Radtouristiker auf dem kleinen Blatt im hinteren Teil des Pelotons unterwegs, stand da wie ein Vollidiot, mit dieser Musette um den Hals, die an meiner Haut sägt und mir gegen die Brust schlägt. Was geht nur in ihren Köpfen vor, so ein Tempo anzuschlagen? Direkt vor meiner Nase reißen sie ein Loch von zehn Metern auf, und ich sehe, wie das Feld ohne mich weiterzieht. Ich kann das Peloton nicht ziehen lassen, schließlich ist es mein Haus. Wenn das Peloton ohne mich davonfährt, sitze ich auf der Straße.
Paul Fournel
Ich hakle im Schaltwerk, um die Kette wieder aufs große Blatt zu legen, und pfeffere den Beutel in den Graben, pfeif auf die Verpflegung, keine Zeit, da kann ich mich jetzt
schon auf einen schönen Hungerast freuen. Ich lege wieder los, große Übersetzung, Hintern hoch. Meine Beine tun weh und dabei wollte ich doch in Ruhe zu Mittag essen.
Was haben sie sich dabei gedacht? Auf uns warten keine Steigungen, keine Sprints, niemand muss sich neu positionieren. Warum sind den großen Jungs die Gäule durchgegangen?“
Der Autor:
Paul Fournel wurde 1947 in Saint-Étienne als Sohn eines Buchhändlers geboren. Schon im Alter von fünf Jahren beschloss er, Schriftsteller zu werden. Er studierte Literaturwissenschaften an der École normale supérieure in Saint-Cloud und hat seither zahlreiche Bücher veröffentlicht: Romane und Gedichtbände, Essays und autobiografische Erzählungen. Für Les Athlètes dans leur tête erhielt er 1989 den renommierten Prix Goncourt de la Nouvelle. Zudem hat er mehrere erfolgreiche Radsport-Bücher verfasst, u.a. das Lexikon Méli-Vélo (2008), die preisgekrönte Biografie Anquetil – Mit Leib und Seele (2012) und zuletzt Maison peloton (2022), das demnächst ebenfalls bei Covadonga in deutscher Übersetzung erscheint. Seit 1972 gehört er der internationalen Autorenvereinigung OuLiPo (Werkstatt für Potentielle Literatur) an, deren Präsident er seit 2003 ist.
Paul Fournels zweite Leidenschaft neben der Literatur gehört seit Kindertagen dem Rennrad.